Am Wochenende saß ich gemütlich auf unserem Balkon, löffelte Erdbeeren mit Mascarpone-Sahne, blätterte in der neuen Flow – und dachte spontan an diese Erdbeerherzen zur Hochzeit, die ich schon immer ganz furchtbar langeweilig fand. Klar, es liegt ja so nah: Hochzeit, Liebe, Herz, frische Früchte der Saison = Erdbeerherz! Also gab es in den vergangenen Jahren kaum eine Hochzeit in Deutschland, zu der das Erdbeerherz nicht aufgetischt wurde. Sicher unfassbar lecker, aber doch irgendwie langweilig – denn das hatte irgendwann wirklich jeder.
Und das dachte mit Sicherheit nicht nur ich, denn so begann vor einigen Jahren der Siegeszug der Individualität beim Thema Hochzeit. „Braut“ wollte nicht mehr das, was jeder hat. Neben dem großen Trend des Selbermachens – kurz DIY – waren und sind Bräute weltweit damit beschäftigt, ihre Hochzeit ganz besonders individuell zu gestalten. Wie schön – denn Hochzeiten sahen hierzulande noch nie so gut aus!
Doch während ich mir so den letzten leckerschmecker Erdbeerenlöffel in den Mund schob, fragte ich mich, ob denn dieses hohe Maß an Individualtiät nicht eigentlich viel zu viel sei? Da hört und liest die frisch verlobte Braut überall online wie offline von „personalisieren“, „Einzigartigkeit“, „individuellen Hochzeitskonzepten“, dass eine Hochzeit besonders schön sei, wenn „möglichst viele kreative Bestandteile“ enthalten seien. Ich meine: Als Braut zwischen 20 und 45 Jahren ist man mit seinem Studium/Vollzeitjob, seinem Freund/Verlobten, der Familie, Sport, Hobbies und anderen Freizeitaktivitäten definitiv ganz schön ausgebucht! Und dann soll man zusätzlich noch die eigene Hochzeit planen? Und dann aber bitte schön noch möglichst individuell und total kreativ. Also bloß kein Erdbeerherz! Und die Location, in der schon drei andere Paare aus dem Freundeskreis geheiratet haben, bitte auch nicht. Und überhaupt soll alles viel schöner, besser, kreativer sein als bei den anderen, denn was sollen die sonst von einem denken. WOW – was für ein Druck! Also ich wäre jetzt gerade derbe gestresst. Muss aber gar nicht sein, liebe Braut.
Denn: eine Hochzeit bleibt eine Hochzeit bleibt eine Hochzeit. Die Grundstruktur dieses Tages ist einfach immer gleich, denn sonst wäre es ja auch keine Hochzeit. Traditionen lassen sich modern interpretieren und gelernte Abläufe bilden ein schönes Gerüst, an dem sich Familie und Gäste einfach orientieren und erfreuen können. Wer da zu sehr dran rumindividualisiert, feiert im Endeffekt vielleicht eine besonders aufwendige Party, aber keine Hochzeit. Also, entspannt euch schon mal, was diesen Teil angeht. Na loooooos, Mädels, tief Luft holen – Hochzeitsplanung ist gar nicht sooooo schlimm, wie ihr gerade denkt.
Ihr ladet zur Hochzeit schließlich die Menschen ein, die euch am besten kennen. Und die werden genau wissen, warum ihr euren Tag so gestaltet habt. Ihr zwei trinkt nie Cocktails? Dann reichen auch Softdrinks, Wein und Bier. Ihr segelt leidenschaftlich viel? Dann nehmen eure Gäste auch gern die Autofahrt von der Kirche in der Stadt zur Location an der Küste in Kauf. Alles geht, und allein diese Planung ist ja schon ganz individuell. Seht ihr, so einfach geht das mit der Individualität.
Und bestimmte Rituale lassen sich in Maßen auch ratz-fatz individualisieren. Wie das Gratulieren während des Sektempfangs – ich bin großer Fan des Sektempfangs, aber so was von! Vielleicht serviert ihr euren Gästen statt klassischem Cava mit Orangensaft einfach Prosecco mit Früchten? Zack, Punkt fertig geplant. Crazy kreativ, nech? So einfach ist das. Und statt Erdbeerherz als Hochzeitstorte serviert ihr Cupcakes, Mini-Desserts und Naked Cake mit Erdbeeren. Und wer jetzt noch einen Caketopper mit seinen Namen oben drauf stellt – wohoooo – krass personalisiert das Ganze, hihi. Und jetzt, ein ganz heißer Tipp: Überall dort, wo ganz viel von „personalisieren“, „Einzigartigkeit“, „individuellen Hochzeitskonzepten“, dass eine Hochzeit besonders schön sei, wenn „möglichst viele kreative Bestandteile“ enthalten seien, geschrieben wird (huch, also auch hier, ähm ja), da findet ihr meistens sofort passende Ideen für die Umsetzung. Natürlich wird nicht alles für euch passen, aber ihr findet schon genau das Richtige für euch. Da bin ich mir ganz sicher!
Und für alle, die definitiv kein Erdbeerherz essen wollen, empfehle ich dieses süße Shooting von Maria Luisa Bauer, die die herrlichen Köstlichkeiten von Naschwerk & Co. auf dem Schwäbischen Land fotografierte. Ich könnte mich da sofort einmal um den Tisch futtern – ihr auch?
Liebe Grüße vom Lieschen
Bilder: Maria Luisa Bauer
Naked Cake, Cupcakes, Desserts: Jasmina Tvrdak, Naschwerk & Co.
das Erdbeerherz wurde mir von der Konditorin im Vorfeld auch vorgeschlagen ;) wirklich ein sehr schöner Text in dem ich mich auch wiederfinde, hab eben erst die Bilder durchgeschaut und darüber gebloggt was ich für die Hochzeit selbst gemacht habe. das Motto war tatsächlich alles kann – nichts muss :)
viele liebe Grüße Julia
Liebe Julia, genau! Sich einfach nicht beirren lassen, sondern seinen eigenen Weg in der PLanung und beim Individualisieren gehen :-) Liebe Grüße!
Liebe Susanne,
wie Du weißt, heiraten mein Liebster und ich auch bald. Und ich habe das große Glück, dass wir beide unseren Tag planen, das erleichtert „Braut“ das Ganze ganz gewaltig. Ich hoffe doch sehr, dass auch bei den anderen Paaren nicht die ganze Planung an der Braut hängen bleibt und es den Zukünftigen vollkommen wumpe ist, wie der Tag abläuft und aussieht ;)
Das mit der Individualisierung ist tatsächlich so eine Sache… wir versuchen nicht allzu traditionell zu sein, so dass unsere Feier wohl tatsächlich eher eine aufwändige Party wird. Aber das entspricht uns auch mehr, als eine Festivität im Bräuche-Korsett :)
Eine Torte wird es aber natürlich geben und schöne Klamotten und Ringe. Aber kein Erdbeerherz :D
Liebe Verena, ich finde eure Hochzeitsparty super! :-) Liebste Grüße!
Liebes Lischen,
warst du am Montag etwa dabei als der
Veranstalter einer Location sagte: „Sie müssen nicht denken dass Ihre Verlobte da irgendwas neu erfunden hat, das gab es alles schon, alles!“
Ja, das ist doch auch ganz und gar nicht mein Anspruch! Aber dass dieses traditionsreiche Fest auch bei uns eine eigene Note bekommt, so dass man sich selbst darin wiederfindet, das wäre schön. Schade, denn die umgebaute Scheune war traumhaft, nur das Gefühl der Massenabfertigung ist nach dem Erstgespräch leider geblieben, ich fürchte selbst mit Mini- Erdbeerherzen. Vielen Dank für deine mühevollen Texte und das schöne Buch!
Grüße, Jelka
Oh weh – wie unsensibel von dem Veranstalter! Auch wenn es sein alltägliches Geschäft ist, sollte er ja wissen, wie wichtig und vor alem einzigartig für ein Brautpaar dieser Tag ist. Ich drück euch die Daumen, dass ihr eure Traumlocation bald finden werdet. Liebe Grüße!
Ich kann mich nur anschließen: Wir heiraten in anderthalb Wochen standesamtlich und feiern im Familienkreis mit Kaffee und Kuchen. Irgendwann meinte mein Verlobter: „Wollen wir nicht eine Hochzeitstorte bestellen? Ist doch bestimmt toll für die Hochzeitsstimmung.“ Also waren wir am Freitag los, und was wurde uns als erstes vorgeschlagen? Ein Erdbeerherz!!! Ja, lecker bestimmt, aber für mich so gar nicht Hochzeit. Da möchte ich doch eine klassische weiße Torte! Und die kriegen wir nun auch. Vielleicht auch langweilig, aber ich finds schön.
LG Stephi
Danke, liebe Susanne!
Ich bin noch voll im Hochzeits-Planungs-Wahn und leider keine DIY Queen – auch wenn das natürlich alles immer super aussieht…aber man fühlt sich manchmal schon sehr unter Druck.
Aber zum Glück habe ich meinen zukünftigen Ehemann, der mich bei zu viel Spinnerei wieder auf den Boden holt(„Brauchen wir wirklich xyz?!“).
Ich denke, so langsam finden wir gemeinsam das richtige Maß an Individualität und das ist ja für die kommende Ehe auch nicht schlecht. ;-)
PS: dein Blog ist einfach super!
Wahre Worte, liebe Susanne. Was lustig ist: Jetzt bin ich bald seit vier Jahren verheiratet, die Planungen liegen teilweise schon sagenhafte fünf Jahre zurück – und selbst damals, als es noch lange nicht die tollen Möglichkeiten für Hochzeiten gab wie heute, spürte ich schon diesen Druck, alles, aber auch wirklich alles anders machen zu müssen.
Dabei kann ich mit diesem Abstand jetzt ganz sicher sagen: Manche Traditionen sind schön, es muss nicht alles gesprengt werden und genau wie du sagst: Die Gäste freuen sich über organisatorische und logistische „Anker“, die es so auch auf jeder anderen Hochzeit gab – auch wenn das vielleicht in den Ohren des individualistischen Brautpaars wie ein Albtraum klingt ;)
Deswegen: gegen Erdbeerherzen, aber sowas von für Hochzeitstorten! :)